
Busticket
Naja, nun gut, der beste Witze-Erzähler war ich ja nicht. Trotzdem ließ ich es mir nicht nehmen, Ernesto den blöden Witz aus meiner Kindheit zu erzählen von dem Menschen, der eigentlich, immer wenn er Bus fuhr, ein Einzelticket hätte lösen müssen, aber nie eins löste und dennoch öfter Bus fuhr. Als er gefragt wurde, warum er kein Einzelticket löste, antwortete er: „Django (also er selbst) hat `ne Monatskarte“. Ernestos Reaktion war verhalten, ich fand es irre lustig.
Unabhängig von meinem Witz fuhr Ernesto jetzt öfter mit dem Bus. Er fand das besonders cool, obwohl er zu Herrn Yilmaz nur 2 Stationen fahren musste, hätte also auch genauso gut zu Fuß gehen können. Er nutzte aber die Möglichkeit, um mit dem Bus durch die ganze Stadt zu fahren und erst auf dem Rückweg bei Herrn Yilmaz auszusteigen. Ernesto legte großen Wert auf eine angemessene Begrüßung. Wie ein Weltreisender stieg er aus dem Bus und erwartete ein großes Empfangskomitee. Da dies zumeist ausblieb, begnügte er sich mit einem einfachen „Hallo“ von Herrn Yilmaz.
Der Busfahrer wunderte sich über Ernestos Touren im Bus gar nicht mehr, weil er sich daran gewöhnt hatte, dass Ernesto – besonders bei schönem Wetter – bei ihm mitfuhr. Die Bedeutung der Öffis für Ernesto war weitreichend, ermöglichte sie ihm doch die selbstständige Erkundung der ganzen Stadt.
Ernesto lernte das Angebot der Öffis so zu schätzen, auch wenn bei hohen Temperaturen und vielen Mitfahrern ein unangenehmer Schweißgeruch mitfuhr. Aber den lernte Ernesto gegebenenfalls zu ignorieren. Er ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen: „Öffis fahren ist wie wenn `ste fliegst“. Was er damit meinte, ist mir nach wie vor unklar. Ich glaube, er war einfach begeistert davon Bus zu fahren. Ein so großes Auto hatten ja nun die wenigsten und auch wenn es nicht sein eigenes war, so war doch der Auftritt mit so einem Riesengefährt jedes Mal ein imposanter. Hinzu kam noch, dass Ernesto jedes Mal, wenn er Bus fuhr, hinter der Windschutzscheibe beim Busfahrer mitfahren durfte. Dort wartete ein Kissen extra für ihn. So verbanden sich großartiger Komfort mit einer herrlichen Rundum-Sicht.
Nachdem ich mit meinem blöden Witz bei Ernesto nicht landen konnte, fand er zumindest die Idee mit der Monatskarte gut. Ernesto konnte jetzt also voller Stolz auch sagen: „Ernesto hat `ne Monatskarte!“.