Kopfwürmer
Testbild
Vor vielen Jahren mit der Einführung des Privatfernsehens ist eine entscheidende Methode der Selbstanalyse verloren gegangen. Mit Hilfe des Testbildes konnte man nämlich sehr gut seine individuellen Parameter überprüfen. Dazu musste man sich dieser natürlich bewusst sein, aber mit der Einführung des Privatfernsehens fiel das ja eh weg.
Stattdessen befahlen einem barbusige Damen, dass man sie anrufen solle. Bei Gelegenheit könnte man sich mal fragen, ob man dann nicht lieber auf ein Testbild geglotzt hätte. Der Sinn und Zweck der Testbilder geht nämlich weit über die Alternative des damaligen Privatfernsehens hinaus. Es hielt einen an, mal innezuhalten und das Gesehene zu verarbeiten. Die ständige Berieselung mit Bildern aller Art kann ja auf Dauer nicht gutgehen. Diese dauerhafte Berieselung hält einen doch stark davon ab, sich mal mit sich selber zu beschäftigen, weil die Notwendigkeit dazu gar nicht mehr besteht. So ein Testbild kann auch anregend für die eigene Fantasie sein. Einem Mandala ähnlich kann man daraus tolle Bilder produzieren. Nur malen sollte man auf dem Bildschirm eben nicht, ich hab`s probiert.
Dennoch bieten Testbilder eine sehr heilsame Art der Selbstreflektion. Heilsam, weil eigenes Verhalten mit Hilfe des Testbildes hinterfragt werden kann. Telefonsex-Werbung bietet diese Form der Selbstreflektion nicht, glaube ich.
Die Berieselung durch bewegte Fernsehbilder lenkt leicht davon ab, sich intensiv mit sich selbst zu befassen. Wichtig an dieser Stelle: Es sei mal gesagt, dass es entscheidend ist, auch mal auf den Punkt zu kommen. Gerne wird ja an dieser Stelle um den heißen Brei herum geredet. Klare Wahrheiten müssen auch benannt werden, und vor allem dürfen. Die Wahrheit ist: Ich weiß es doch auch nicht. Auf der Suche nach der allgemeinen Wahrheit bleibt einem nur die individuelle Wahrheit. Dass diese nicht immer mit der allgemeinen Wahrheit übereinstimmt, ist bedauerlich, aber häufig nicht zu ändern. Mit anderen Worten: Wer nichts zu sagen hat, dem bleibt nur, viele Worte um nichts zu machen (hic). Man könnte auch sagen, aus Scheiße Gold machen. Da mir diese Art der Rhetorik jedoch fremd ist, bleibt mir nur vermeintlich schlau herumzulabern.
Festzuhalten ist: Testbilder waren als Fixpunkte im individuellen Himmelsgestirn gleichsam Ruhepole, Testbilder als Ruhepole im steten Hin und Her der Bilderflut des Fernsehens. Schade, dass wir jetzt ohne sie auskommen müssen.