Waschmittel – Der alte Mann und das Meer 

Die neue Darreichungsform von Waschmittel war für uns erstmal gewöhnungsbedürftig, da es jetzt nicht mehr im Messbecher oder in der Kappe in das entsprechende Fach der Waschmaschine eingefüllt wurde, sondern in fertigen Tabs direkt in die Waschmaschine geworfen wurde. Der Effekt des Waschmittels war jetzt kolossal! Auch wenn die neuen Tabs vor Kindern und Haustieren sicher zu verstauen waren, boten sie doch ein überzeugendes Waschergebnis auch bei niedrigen Temperaturen. Ernestos Wäscheberg war relativ klein, umso mehr war dagegen die von mir zu waschende Wäsche. Egal ob Koch- oder Buntwäsche, die neuen Tabs boten ein überzeugendes Waschresultat. Ernesto ging wegen der tollen Waschergebnisse jetzt dazu über, nur noch weiße Leinenkleidung zu tragen, da diese jetzt ausgesprochen gut gereinigt werden konnte. Der Nachteil von weißer Kleidung stellte sich relativ schnell heraus, weil sie nämlich binnen kürzester Zeit eingesaut war, was gerade ein Leben in Bodennähe mit sich brachte. 

Auch Ernestos großes Vorbild Ernest Hemingway trug ja oft weiße Kleidung. Insgeheim verriet mir Ernesto bei einer weinseligen Stunde, dass er nur wegen Ernest Hemingway Ernesto hieße. Ernestos

Mutter sprach nur Esperanto, daher das „o“ an Ernest. Ernests größter Erfolg „Der alte Mann und das Meer“ würde ja als „Ernesto und das Meer“ keinen Menschen interessieren. Dennoch fand Ernesto Ernests Lebensstil relativ cool, der ja unter anderem auf Kuba lebte und dem Rum und Whiskey nicht abgeneigt war. Ansonsten verband Ernesto relativ wenig mit seinem großen Idol. Es stand nicht zu vermuten, dass sich Ernest als Gemüselieferant verdingt hätte. Aber die Wahl der Idole ist ja nicht an die eigene Lebensweise gebunden. 

Das Leben in Bodennähe hatte neben der häufig verschmutzten Wäsche auch den Nachteil, dass man direkt Autoabgase einatmen durfte. Die Erkenntnis, ob Autos über Katalysatoren verfügten oder nicht, fand ich wirklich erhellend. Vielmehr wünschte sich Ernesto eine Umwelt, die eben nicht durch Abgase 

verschmutzt war. Da das in näherer Zukunft nicht anzudenken war, musste also Ernestos Fortbewegung auf höheren Niveaus erfolgen. Unser Liegerad bot da die ideale Höhe, um durch die Abgasfluten der Stadt zu gleiten. Doof war nur daran, dass Ernesto damit eben nicht selbstständig fahren konnte, sondern stets auf mich als Fahrer angewiesen war. Abhängigkeiten sind generell doof, aber umso doofer, wenn sie für den Abhängigen Folgen haben, die er nicht beeinflussen kann. 

Wichtig ist also nicht nur, dass die Wäsche weiß wird, sondern dass auch die Lebensverhältnisse von Mitbewohnern nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. 

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