Übermorgen
Ernesto wollte übermorgen Schlittschuhlaufen gehen. Auf meine Frage hin, warum wir das nicht heute machen könnten, antwortete er, dass er heute keine Lust habe, aber übermorgen sei ja erst in zwei Tagen und überhaupt sei übermorgen ja auch noch ein Tag. Von daher sei die Frage relativ überflüssig, so seine Meinung, da ja bis dahin seine Laune auf Schlittschuhlaufen eine andere sei als heute und er heute definitiv keine Lust habe. Schlechter könne seine Motivation ja nicht mehr werden, von daher habe er also dann übermorgen mehr Lust zum Schlittschuhlaufen.
Manchmal sind Schildkröten echt anstrengend…
Stellte sich also die Frage, was wir heute unternehmen würden. Ich schlug vor, Kart zu fahren. Dem Geschwindigkeitsrausch zu erliegen, macht sowohl Ernesto als auch mir großen Spaß. Also fuhren wir zur Kartbahn und liehen uns zwei Karts aus. Das Problem war vor allem, für Ernesto einen passenden Helm zu finden. Dieses konnten wir mit Hilfe eines sehr engagierten Mitarbeiters lösen, der die Schale einer Walnuss als Kopfbedeckung vorschlug.
Der Kartspaß konnte also für uns losgehen. Nach einigen Proberunden zum Warmfahren fuhr Ernesto wie eine wild gewordene Tarantel und überholte mich in der 3. Runde. Die Tatsache, dass sich noch andere Fahrer auf der Bahn befanden, ließ ihn nicht vorsichtiger fahren, im Gegenteil. Ernesto schien Gefallen daran zu finden, die anderen Fahrer – einschließlich meiner Person – gnadenlos zu überrunden. Sein Fahrstil erinnerte stark an einen frühen Schuhmacher. Ernesto sah mit gezieltem Blick seine Chancen und fuhr auf sein Vorankommen bedacht. Nach 12 Runden bzw. 1 Stunde war der Spaß auch schon wieder vorbei. Aufgepumpt mit Adrenalin und völlig außer Atem gingen wir einen Kaffee trinken. Ernesto erzählte vom Karterlebnis wie alte Männer vom Krieg. Also dachte ich, lass ihn reden! Der Kaffee, um dessen Willen wir eigentlich hier waren, geriet in den Hintergrund und wurde uns erst wieder ins Bewusstsein gerufen, als eine Kellnerin das Tablett, auf dem unser Kaffee stand, fallen ließ. Mit lautem Klirren und Scheppern fluchte die Kellnerin unserem Kaffee hinterher. Ernesto war nur froh, dass die Kekse, die jedem Kaffee beilagen, trocken blieben und er sich über sie her machen konnte.
Übermorgen kam dann schneller als erwartet. Wir gingen zum Schlittschuhlaufen.