Photosynthese 

Eines Tages sprach mich Ernesto an, wie denn bitte schön Pflanzen wachsen würden. Von Tieren kannte er das ja – sie benötigten Futter und Wasser – aber wie Pflanzen wuchsen, war ihm relativ neu. Auch dass sie Sonnenlicht und Kohlenmonoxid brauchten und dabei Sauerstoff produzierten, war ihm unbekannt. Seine Schlussfolgerung, dass es also demzufolge sehr gut sei, wenn immer mehr Kohlenmonoxid in der Erdatmosphäre vorhanden sei, war leider ein Trugschluss, wie ich ihm erklärte. Dieses führte dazu, dass bestimmte atmosphärische Zyklen ihre Kraft und Bedeutung verloren, erklärte ich ihm weiter. Er verstand nix. Erwartungsschwanger sah er mich an, aber besser konnte ich es ihm auch nicht erklären. 

Also beschloss Ernesto, einen Brief an die UNO zu schreiben, in dem er Klarheit forderte. Klimaschutzabkommen wurden alle Jubeljahre neu gemacht, aber kein Mensch und keine Schildkröte verstanden mehr warum. Genau das wollte er aber wieder verstehen. Sich vor eine Botschaft zu setzen, war ihm dann doch zu zugig. Ihm waren geschlossene Räume behaglicher. „Photosynthese sollte wieder für alle Pflanzen uneingeschränkt möglich sein“, so weiter seine Forderung in seinem Schreiben an die UNO. Die Gefahren von Photosynthese waren ja relativ überschaubar und so musste die UNO ihm doch zustimmen, zumal seine Forderung doch sehr basal war. Zumindest fand er dies. Ich bereitete mich darauf vor, Ernesto gegebenenfalls bei nicht passender oder gar keiner Antwort wieder aufzubauen. 

Täglich wartete Ernesto nun auf Antwort von der UNO. Als nach Tagen und Wochen nichts kam, musste er doch von mir aufgebaut werden. So gingen wir in sein Lieblingsrestaurant. Als wir beim Essen den Kellnern von Ernestos Schreiben erzählten und berichteten, dass keinerlei Antwort kam, sagten sie zu unserem Erstaunen, dass António Guterres (Generalsekretär der UNO) gerade an unserem Nachbartisch gesessen habe und sie ihm das nächste Mal von Ernestos Anliegen berichten würden. Sie waren sehr zuversichtlich, dass sich zukünftig einiges ändern würde. 

Erfüllt von dem Ausblick auf Erfüllung seiner Wünsche begaben wir uns auf den Heimweg. António Guterres hat sich leider nie gemeldet, aber so wurde auch Ernesto die häufig unterschätzte Bedeutung von Photosynthese klar und er beschloss, wieder häufiger Tomate, Gurke und Salat zu essen. Nie hätte er gedacht, dass Tomate, Gurke und Salat für das Weltklima von so entscheidender Bedeutung sind. 

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