Kittelschürze 

Das große Plakat von Frau Tilly, das bei uns in der Küche hing, wurde von Ernesto dahingehend mit Leben gefüllt, als dass nun zwar kein Starschnitt aus der handelsüblichen Jugendpresse angefertigt wurde, aber Tilly und ihre Kittelschürze zum Nacheifern einluden. Kittelschürzen waren jetzt also der heißeste Scheiß, sozusagen ein Must-have. 

Aus dem Starschnitt wurde also ein Schnittmuster, weil Kittelschürzen gab es ja für Tiere wie Ernesto nicht. Die Kittelschürze musste von mir handgenäht werden. Da ich aber sonst keine Ahnung gehabt hätte, wie diese aussehen sollte, kam mir das Schnittmuster ganz recht. Kittelschürzen im Allgemeinen sollen ja vor allem praktisch für den Träger sein und haben an der Bauchseite kleine Taschen für Taschentücher oder Ähnliches. Im Falle von Ernesto war das relativ doof, da er auf der Bauchseite ja gar keinen Platz für Unterzubringendes gehabt hätte. Deswegen müssten die kleinen Taschen auf das Rückenteil der Kittelschürze wandern, erklärte ich Ernesto. Trotzdem wollte er unbedingt eine solche Kittelschürze tragen. 

Also machte ich mich ans Werk und nähte ihm eine solche. Ernesto war voller Stolz und ging mit seiner neuen Kittelschürze nach einer Ehrenrunde durch unseren Kiez dann zu seinen Kumpel an den Kiosk. Dort stellte er schnell fest, wie praktisch die kleinen Täschchen der Kittelschürze für den Transport von Flachmännern waren. Trotzdem stieg Ernestos Konsum der hochprozentigen Flachmänner wider Erwarten nicht. Ernestos sonstiger Lebensstil war zu sehr auf gesundes Essen und inzwischen auch Sport ausgerichtet. 

Die Kumpel am Kiosk reagierten auf Ernestos Erscheinen in Kittelschürze zunächst eher skeptisch, waren aber dann durchaus von ihrem praktischen Nutzen überzeugt. Die Frage der Kumpel nach der Traglast einer solchen Kittelschürze konnte Ernesto nicht beantworten, auch ich konnte diese Frage nur dahingehend beantworten, dass ich wusste, welche Elastizität der Stoff der Kittelschürze ungefähr hatte. Besänftigt von meinen Angaben lief Ernesto weiter durch unseren Kiez und zeigte so auch Gemüsehändler Yilmaz seine Schürze. Herr Yilmaz machte ihm das Angebot, wieder für ihn zu arbeiten, weil eine solche Kittelschürze doch sehr verkaufsfördernd sei. Ernesto erbat sich eine gewisse Zeit zum Überlegen, war dann aber ungefähr nach einer Woche überzeugt davon, dass ihm ein gelegentlicher Einsatz als Verkäufer doch wieder gut täte. Abschließend ließ Herr Yilmaz noch sein Firmenlogo auf die Kittelschürze drucken. 

Damit war Ernestos Kittelschürze vollkommen und Ernesto jetzt überglücklich! 

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