Der Zoobesuch
Es war mal wieder Sonntag und Ernesto und ich überlegten, was wir mal anstellen konnten. Ernesto schlug vor, seine Verwandten im Zoo zu besuchen.
Gesagt, getan. Wir fuhren mit der Straßenbahn zum Zoo. Ernesto fuhr wie immer in der Brusttasche meines Hemdes mit. Im Zoo angekommen, gingen wir gleich zum Reptilienhaus, um den Verwandtschaftsbesuch zu starten. Ernesto fand allerdings das bloße Anschauen der Verwandtschaft im Zoo langweilig. Er attestierte, dass diese wohl durch das Leben im Zoo hinter Glas relativ degeneriert waren. Daraufhin gingen wir weiter zum Raubtiergehege, das Ernesto schon spannender fand, auch wenn ihm auch hier die Authentizität fehlte. Die Raubtiere reagierten überhaupt nicht auf Ernesto, seine Existenz wurde von ihnen überhaupt nicht wahrgenommen. Das frustrierte ihn sehr.
Auch der anschließende Besuch im Zoorestaurant war dann kaum noch ein Stimmungsaufheller für Ernesto. Nur die dort gekauften Gummibärchen erhellten seine Laune. Seine Überlegung, ein eigenes Gehege mit Gummibärchen zu gestalten, wurde von ihm selbst schnell wieder verworfen, weil er zu großen Schwund befürchtete, da diese zu schnell von Mitarbeitern und Besuchern aufgegessen werden würden. Dennoch war seine Idee, Gummibärchen in verschiedenen Lebenssituationen zu zeigen, doch sehr interessant. Das Problem, dass Gummibärchen bei Wind ständig umfielen, musste von ihm allerdings noch gelöst werden, bevor sein Projekt in die Realität umgesetzt werden konnte.
Die Tatsache, dass lebendige Tiere im Zoo gehalten wurden, fand er relativ doof. Er überlegte spontan, eine Demo zu organisieren, die dies anprangerte. Wir fuhren zunächst nach Hause, um Plakate für die Demo zu malen. Mit Plakaten und Trillerpfeife wollte er auf sich aufmerksam machen. Das Mietshaus inklusive Ernie und Bert waren schnell als Mitdemonstranten aktiviert. Die Polizei guckte relativ belustigt, als sie hörte, dass ein kleiner Demonstrationszug vor dem Zoo aufmarschieren wollte. Dennoch wurde auch diese Demo von einigen Beamten abgesichert. Sie hätten in der Zeit auch Kaffee trinken gehen können, da es keinerlei Unruhen gab und auch nicht zu erwarten waren. Die Idee von Ernesto, sich zu vermummen, wurde ihm dann von mir ausgeredet, da im Zusammenhang mit seiner Bepanzerung sein Outfit dann doch zu martialisch war.
Beseelt von der Zusage des Fotografen, das Foto in der Zeitung abzudrucken, gingen wir dann nach Hause. Die Reaktionen auf den Zeitungsartikel ließ Ernesto mit seinem Kampf fortfahren für größere Freiräume der Tiere.