3. Oktober
Um mal Willy Brandt zu bemühen, der da meinte: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“, wird immer klarer, dass ein Land nicht über das Tragen von Uniformen definiert wird. Durch die Erfahrung mit dem Sozialismus sollte eigentlich jedem bewusst sein, dass dieser schnell missbräuchlich benutzt werden kann. Natürlich hatte Brandt mit seinen Worten Recht, dennoch sollte den Menschen bewusst sein, dass die Füllung des Begriffes „Sozialismus“ nicht allein vom Namen her erfolgen darf.
Am 3. Oktober wurden die beiden deutschen Staaten wieder zu einem. Sozialismus hin oder her, natürlich Grund genug diesen Tag zu feiern. Dennoch sollte stets mahnend in Erinnerung bleiben, dass dieser Tag auch schnell verunglimpft werden kann. Es geht nicht darum zu schreien: „Hurra, wir sind Deutsche!“, es geht nicht um Ost oder West, sondern um einen sensiblen Umgang mit unserer Geschichte. Dass wir nebenbei Deutsche sind, sollte uns dazu bringen, dass wir uns unser Leben – so wie wir heute leben – bewusst machen: in Freiheit. Der Sozialismus unserer Prägung hat dies leider nicht so sehr bedacht, was sehr schade ist, weil Sozialismus als Vorstufe des Kommunismus ja eigentlich prinzipiell ein toller Gedanke ist, nur leider die weltliche Verwirklichung bisher sehr zu wünschen übrigließ. Und im Gegensatz zum Kapitalismus der Sozialismus eigentlich keine Grenzen kennt, denn im Gegensatz zum Kapitalismus, dessen Grenzen in der Begrenztheit des Wachstums begründet sind, kann der Sozialismus ewig und drei Tage herrschen, wenn er vernünftig umgesetzt wird, was er leider in der Vergangenheit nicht tat. Die Annahme des Sozialismus, dass alle Menschen von Geburt an gleich an Rechten und Pflichten seien, ist ja per se durchaus überzeugend, gerade vor dem Hintergrund von zum Beispiel Inklusion an Schulen. Menschen sind in der Lage, mit ihrer Umwelt zu interagieren und diese zu beeinflussen, was uns von den Tieren unterscheidet. Jedoch sollte uns klar sein, dass dann der Stärkere eben nicht mehr gewinnt, sondern dass uns dieser Sozialdarwinismus von den Tieren unterscheidet und uns eher zum primus inter pares macht.
Zurück zum 3. Oktober: Den Deutschen sollte an diesem Tag also klar sein, dass ein Leben in Freiheit eben einer täglichen Arbeit bedarf und nicht selbstverständlich sein kann. Diese Freiheit erfordert keine tägliche Auseinandersetzung, sondern vielmehr
das Akzeptieren des Anderen und der anderen Meinung und diese muss selbstverständlich geäußert werden dürfen.
Um mal wieder einen weiteren geschichtsträchtigen Vergleich zu bemühen, sei an dieser Stelle Voltaire genannt, der den Gedanken unseres Zusammenlebens in Freiheit schon sehr treffend formulierte, indem er sagte: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie äußern dürfen.“