Girokonto

Ernesto wollte jetzt auch eine Giro-Karte besitzen, zumal er weniger über Hosentaschen verfügte, in denen Kleingeld aufzubewahren wäre. Die EC-Karte konnte er einfach auf der Unterseite seines Panzers in die dafür vorgesehene Hülle hineinschieben. Die Hülle war natürlich am Panzer festgeklebt. So konnte Ernesto relativ selbstständig in Geschäften einkaufen, wenn diese über die aktuellen Systeme des bargeldlosen Bezahlens verfügten. 

Die gymnastische Übung des Kartezückens musste natürlich durch entsprechend hohe Beträge gerechtfertigt werden. Produkte, die nur kleinere Beträge erforderten, wurden entweder von ihm gekonnt ignoriert oder mussten von mir beglichen werden, da ich ja über Hosentaschen verfügte. Umso größer war Ernestos Freude, wenn er die Karte mal wieder zücken konnte. Von der Carrera Bahn bis zur neuen Waschmaschine wollte er diese jetzt mit seiner Karte bezahlen. Auf meine Nachfrage, ob wir diese Dinge denn alle bräuchten, stutzte er kurz und sagte dann aber im Brustton der Überzeugung: „Ja!“. Den nächsten Schritt zum kritischen Konsumieren musste ich ihm wohl noch beibringen. Bis dahin wurde alles gekauft, was nicht bei 3 auf`m Baum war. Dabei ist der kritische Umgang in der Welt des Konsums so wichtig. Oft lässt man sich leicht verleiten, Dinge zu kaufen, die man gar nicht braucht. Andererseits ist es ja auch relativ unspannend, über jede Kaufentscheidung nachzudenken. Immer vorausgesetzt, dass man über genügend Geld verfügen kann. 

Relativ schnell lernte Ernesto, was es hieß im Dispo zu sein. Seine Einnahmen reichten irgendwann bei weitem nicht mehr aus, seine Ausgaben zu decken. Glücklich ist, wer über eine schützende Hand verfügt und so konnte Ernestos überzogenes Konto von mir ausgeglichen werden. Sein Konto verfügte seit diesem Zeitpunkt über keinerlei Dispo mehr, er konnte also nur noch das ausgeben, was vorhanden war. Das war zwar relativ schnell erschöpft, aber es bot ihm und mir mehr Sicherheit. Sicherheit war für Ernesto ein bisher unbekannter Begriff, verfügte er doch über einen schützenden Panzer und somit war die Sicherheit eine Selbstverständlichkeit. Die neu gewonnene Sicherheit im Zahlungsverkehr ließ ihn erleichtert aufatmen. 

Auch Schildkröten im Allgemeinen und Ernesto im Besonderen mussten erst langsam an den Umgang mit Geld gewöhnt werden. Die neue Selbstständigkeit sollte ja nicht gleich vor die Wand fahren. Geld ausgeben will gelernt sein! 

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