
Mein Kiez
Mein Stadtteil, neudeutsch sagt man wohl Kiez, ist der Stadtteil, in dem mir alles bekannt ist – von der Lottobude bis zum Gemüsehändler. Der Kiez ist ein freiwilliges soziales Gefüge von unterschiedlichen Menschen. Er zeichnet sich aber dadurch aus, dass stets das Motto gilt: Leben und leben lassen. Außerdem zeichnet sich ein gut funktionierender Kietz durch gegenseitige Hilfe und Rücksichtnahme aus. Beispiele für bekannte Kieze sind sicherlich Hamburg, St. Pauli oder Berlin, Prenzlauer Berg und Mitte.
Unser Kiez wurde also immer mehr zu unserer Heimat, obwohl er keinen tollen Namen hatte: Ellerbek. Der Gemüsehändler, Herr Ylmaz, hatte Ernesto seinen ersten Job verschafft. Ernestos Job als Kundenberater verlangte von ihm gutes Einfühlungsvermögen in die Belange und Bedürfnisse der Kunden. Oftmals stieß er auf nicht nachvollziehbare Probleme. So konnte Ernesto wenig machen bei Unverträglichkeiten von Kunden bezüglich verschiedener Gemüsesorten. Auch eine bestimmte Voreingenommenheit bezüglich des Gemüsehändlers war außerhalb von Ernestos Zuständigkeitsbereich. So war zum Beispiel Frau Schulz allergisch auf Gurke, da konnte Ernesto natürlich nichts machen. Er konnte nur empfehlen, keine Gurken mehr zu essen und stattdessen zum Beispiel Zucchini zu nehmen. Dass sie diese aber nicht mochte, war ja dann außerhalb von Ernestos Möglichkeiten.
Sehr viel aufgeschlossener waren die Kunden an der Lottobude. Auch wenn diese vornehmlich an Flachmännern und Bierpullen interessiert waren, waren sie stets ein nettes und dankbares Publikum für Ernestos Geschichten. Mit großer Begeisterung wurde – wie bereits gesagt – Ernestos Umstieg auf sein bodennäheres Beförderungsmittel gefeiert.
Den ganzen Tag an der Bierbude zu stehen, war Ernestos Sache nicht. Also zog er alsbald wieder von dannen. Es galt dann, den Kiez weiter zu erkunden. Vor allem Kinderspielplätze waren jetzt seine bevorzugten Aufenthaltsorte, da diese über Sandkästen und Hindernisse verfügten, über und durch die er spektakulär mit seinem Auto fahren konnte. Die Begeisterungsstürme der Umstehenden nahm er dabei mit Wohlwollen hin. Ein großes Problem stellten Bordsteine dar, deren Höhe von ihm oft unterschätzt wurde. Er stellte fest, dass auch andere Verkehrsteilnehmer über Bordsteine stolperten. Hoffentlich würden diese alsbald mal von den Verkehrsplanern berücksichtigt werden.
Unser Kiez war und ist nicht der perfekteste, aber der schönste auf der Welt, weil es unser Kiez war.